Neuropsychologische Testung bei MS – Klarheit schaffen, Veränderungen einleiten
Wenn sich die kognitive Leistungsfähigkeit verändert
Ein Teil unserer Patienten bemerkt im Laufe der Zeit kognitive Veränderungen an sich: Plötzlich wird es schwierig, Gesprächen mit mehreren Personen aufmerksam zu folgen und sich Besprechungsinhalte zu merken. Oder sie stellen fest: Irgendwie dauert alles länger als sonst.
Woran liegt das? Eine MS-Erkrankung betrifft unser Zentrales Nervensystem, also unsere Schaltzentrale, das Gehirn, und nicht selten auch das Rückenmark. Experten nehmen an, dass eine Autoimmunreaktion, das heißt eine Fehlregulierung des Immunsystems, dazu führt, dass körpereigene Strukturen durch eigene Entzündungs- und Abwehrzellen angegriffen werden.
Multiple Sklerose – eine Erkrankung mit vielen Gesichtern
Je nachdem wo sich die geschädigten Nervenfasern und letztlich auch Nervenzellen im Gehirn befinden, können sich beim einzelnen Betroffenen Symptome entwickeln. Manchmal haben schon kleinste Schädigungen große Auswirkungen und in anderen Fällen sind kaum Folgen selbst großer Krankheitsherde zu beobachten. So kann es schwieriger werden Neues zu lernen, das Gelernte punktgenau wieder abzurufen oder Vorhaben zu planen. In anderen Fällen können auch einfach Störreize aus der Umgebung nicht mehr so gut ausgeblendet werden wie früher. Manche Patienten berichten über keinerlei kognitive Veränderungen – die Multiple Sklerose ist eben die Erkrankung der vielen Gesichter.
Carolin von Schlippenbach
Dipl.-Psychologin,
Leitende Neuropsychologin
08151 261-169
carolin.schlippenbach
@ms-klinik.de
„Eine gelungene Krankheitsverarbeitung erlaubt die Zielsetzung, trotz aller Trauer wieder das Beste aus einer gegebenen Kombination eigener Begrenzung aber auch Stärken zu machen."
Carolin von Schlippenbach, Dipl.-Psychologin, Leitende Neuropsychologin
So geht die Neuropsychologie vor
Wir unterstützen Sie im Umgang mit diesen Herausforderungen im Alltag oder Beruf, indem wir gemeinsam Handlungsstrategien erarbeiten und neue Sichtweisen aufzeigen. Damit das gelingen kann, nehmen wir uns ausführlich Zeit für Ihre Anliegen. Die zunächst stattfindende neuropsychologische Untersuchung besteht aus Gesprächen (Anamnese- und Untersuchungsgespräch) und der Durchführung von standardisierten Tests (Neuropsychologische Testung bei MS). Dies dauert in der Regel 1,5 bis 3 Stunden. In dieser Zeit klären wir gemeinsam mit Ihnen: Was fällt Ihnen oder anderen Personen im beruflichen oder privaten Alltag auf? Welche Komponenten der kognitiven Leistungsfähigkeit zeigen sich in den Tests beeinträchtigt und erklären sie Ihre Beobachtungen aus dem Alltag? Wo liegen Ihre Stärken im kognitiven Profil? Gibt es Begleiterscheinungen wie Depression oder Fatigue (MS-bedingte gesteigerte Erschöpfbarkeit), die Ihre geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, obwohl keine direkte Schädigung zugrunde liegt?
Denken, Fühlen, Handeln: Mit diesen Bereichen beschäftigt sich die Neuropsychologie
Mithilfe unterschiedlicher Untersuchungsverfahren erfassen wir vor allem folgende Funktionsbereiche:
- Aufmerksamkeitsstörungen: Verarbeitungs- und Reaktionsgeschwindigkeit, Aufmerksamkeitsteilung, Fokussierung und Ablenkbarkeit
- Gedächtnisstörungen: unmittelbare und längerfristige Merkfähigkeit für neue Ereignisse und Fakten, Arbeitsgedächtnis
- Exekutive Störungen und Verhalten: logisches Denken, Planen und Organisieren, Impulskontrolle, kreatives Denken, Antrieb, Reizbarkeit
- Affektive und emotionale Komponenten: Krankheitseinsicht, Krankheitsverarbeitung, Emotionsverarbeitung, Depressivität, Ängste
- Visuelle Wahrnehmung und Visuokonstruktion: räumliche Orientierung, Bewegungs-, Farb- und Formsehen, Objekterkennung, Distanzschätzung
- Belastbarkeit/Fatigue: nach alltäglichen Verrichtungen vorschnell eintretende Erschöpfung, die die Fortsetzung von körperlicher Leistung oder Konzentration beeinträchtigt oder beendet
Unser therapeutisches Angebot: individuell und alltagsorientiert
Nach einer ausführlichen Untersuchung legen wir gemeinsam mit Ihnen fest, was in der neuropsychologischen Therapie erreicht werden kann und soll. Uns ist wichtig: Wir arbeiten zielgerichtet und auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. Dabei fokussieren wir uns auf im beruflichen und/oder privaten Alltag benötigte Kompetenzen. Auch Ihre Angehörigen werden bei Bedarf zu einem gemeinsamen Informationsgespräch über die erhobenen Befunde und deren Auswirkung in konkreten Alltagssituationen eingeladen.
Zuversichtlich zurück in den Alltag? So kann es gelingen
Im Alltag bedarf es guter Strategien, um das eigene Handeln so weit wie möglich flexibel auf die eigene Verfassung abzustimmen. So beispielsweise im Umgang mit der Fatigue: Wie kann ich meine Handlungsspielräume so nutzen und ausweiten, dass ich mich selbst mit meinen Zielsetzungen, meinen Energien, meiner Zeit und meinen Pausen optimiert manage? Welche Ressourcen stehen den zu bewältigenden Aufgaben gegenüber? Manchmal gilt es auch zu klären: An welchen Stellen sind grundsätzliche Veränderungen nötig und bin ich dazu bereit? Auf dieser Grundlage helfen wir den Patienten, eine passende Tages- und Wochenstruktur zu entwickeln, die hilft, den täglichen Herausforderungen entspannter zu begegnen. So individuell wie unsere Patienten, so individuell sind auch die Lösungen, die wir gemeinsam mit Ihnen erarbeiten.
Unsere Erfahrung hat gezeigt: Es kann helfen, den Blickwinkel zu verändern
Frau Dipl. Psychologin Carolin von Schlippenbach begleitet seit vielen Jahren Patienten mit einer Multiplen Sklerose. In ihren Therapien unterstützt sie die Patienten dabei, sich neu zu organisieren:
„Das Schöne an unserer Arbeit ist, dass wir immer wieder erleben dürfen, wie Patienten auch trotz großer Belastungssituationen irgendwann wieder nach vorne schauen. Es ist ein Prozess: Am Anfang steht die unumgängliche Trauer über den Verlust von Gesundheit und Alltags-Funktionen. Im Laufe der Zeit kann jedoch eine mentale Haltung erreicht werden, die es erlaubt, das Beste aus der jeweiligen Lebenssituation zu machen. So lässt sich die Lebensqualität entscheidend verbessern. Nicht wenige Patienten erzählen, dass sie ihr Leben nach diesem Prozess als verändert empfinden.“